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Kärnten!

6. Juni 2021

Eigentlich könnte ich momentan einen Liebesbrief nach dem anderen schreiben. ER tut mir gut und das schon ziemlich viele Jahre.

Doch könnte ich heute ebenso gut einen Liebesbrief an Kärnten schreiben. Wieso erfahrt ihr ein bisschen weiter unten.

Einmal im Jahr, so hat sich das Ritual eingespielt, plane ich ein verlängertes Wochenende in Kärnten. Für üblich mit den Kindern. Dieses Jahr wollten die beiden daheim bleiben, somit fuhr ich allein an den Ossiacher See.

Anfangs hatte ich wirklich Angst mir würde zu langweilig werden, ich würde mit niemanden ins Gespräch kommen und depressiv rum sitzen oder Liebesbriefe schreiben. Es kam, wie so oft im Leben, ganz anders als erwartet.

Die Anreise war eine kleine Umsteigeherausforderung. Das Fahrrad allein in den Zug hieven zählt nicht unbedingt zu dem bequemsten Reiseerfahrungen. Scheinbar halten sich die Zugbegleiter immer, aber wirklich immer, am anderen Ende des Zuges auf, wenn sie lesen, dass Radabstellplätze reserviert wurden. (Passiert mir am Weg nach Wien/Graz immer!). Von Villach weg bin ich ohne den ÖBB und nur mit dem Fahrrad weitergereist. Bis nach Sattendorf am Ossiacher See. Ab Villach kam mir übrigens nur noch ein Wort in den Sinn:

Ich war „geflashed“. Vom großen Bahnhof, den freundlichen Leuten – es gibt tatsächlich eine Steigerung zu Graz, vom unglaublich netten Brief meiner Vermieterin, vom Apartment selbst – irre wie gemütlich und komfortabel es eingerichtet ist, usw… Die Liste zieht sich nun die Tage quasi durch.

Kärnten „flashed“!

Ans Schweigen musste ich mich aber erst gewöhnen. Nicht meine Lieblingsdisziplin! Sattendorf hat leider nicht viel zu bieten – kulinarisch meine ich. Somit schwang ich mich kurz nach der Ankunft wieder aufs Rad und fuhr nach Bodensdorf, um einkaufen zu gehen und um mir auch ein Bad im See zu gönnen. Mit rund 15-17 Grad hat er genau „meine“ Temperatur zum Schwimmen. Was für ein Gefühl.

Meine Devise beim Alleinreisen: Kleines, schnelles Abendessen kochen und früh schlafen gehen. Abends allein herum zu sitzen, schweigend, das ist nicht so mein Ding. Schon gar nicht in einem Restaurant. Das es hier in Sattendorf ohnedies nicht gibt.

Um fünf Uhr dreißig am nächsten Morgen bin ich wach und möchte mich bewegen.

„Das Maibachl“ ist einer der Orte, die man gesehen haben sollte, wenn man in der Gegend ist, finde ich heraus. Direkt mit den ÖBB von Sattendorf nach Warmbad Villach, in 20 Minuten. 10 Minuten, per pedes, vom Bahnhof entfernt, komme ich an diesem magischen Ort an. Das Maibachl sind zwei natürliche Thermalwasserbecken. Es füllt sich nur zwischen April und Mai und ist eine ganz besondere Attraktion in der Region.

Anfangs sind noch einige Menschen im Wasser, aber bald bin ich fast allein. Übrig bleibt eine Villacherin und ich. Mein Schweigen wurde gebrochen. Wir führten ein ausgesprochen nettes Gespräch. Das tat, um acht Uhr in der Früh, total gut. Schweren Herzens löse ich mich von diesem Ort und begebe mich zu Fuß, Richtung Villach. Nach gut zwanzig gemütlichen Minuten erreiche ich das Stadt Zentrum und bin „geflashed“. Dieses Städtchen ist ein kleines Juwel.

Ich bin hungrig und durstig und möchte frühstücken gehen. Mein Problem: Ich kann mich, wenn ich in einer neuen Stadt bin, nie entscheiden wo ich essen möchte. Das hat schon vielen Begleitern den letzten Nerv geraubt. Ich brauche zirka weitere dreißig Minuten, bis ich mich endlich entschieden habe, wo ich frühstücken möchte.

Immerhin war dies das erste große Frühstück nach dem Lockdown für mich. Ich wollte ein besonders nettes Café finden. War es letztlich nicht. Falsche Wahl. Auch egal. Ich blieb dennoch bis zum Nachmittag in Villach. Hier zu schlendern fühlt sich sehr italienisch an. Ein bisschen „Windows Shopping“ und zufällig am Bio-Markt vorbei kommen. Dort spricht mich ein Standl ganz besonders an.

Joghurts in unzähligen verschiedenen Geschmacksrichtungen. „Bester Freund“ von Höfers Naturköstlichkeiten. Ich bin geflashed. Dieses Joghurt ist alles! Ich koste alle drei gekauften Sorten später in meiner Unterkunft. So gutes Joghurt habe ich noch nie gegessen. Den Abend verbringe ich schweigend und kochend in der Unterkunft.

Tag drei: Wieder bin ich um fünf Uhr dreißig wach. In den Tourismus Informationen zum Finsterbacher Wasserfall steht geschrieben, dass man früh morgens dort sein soll. Da sich dieser Wasserfall quasi hinter meiner Haustür befindet, mache ich mich, gleich nach dem ersten Kaffee, auf den Weg dorthin. Was für eine Naturschönheit und niemand, absolut niemand, ist auf die Idee gekommen auch so früh die drei Wasserfälle zu bestaunen.

Ganz allein unterwegs zu sein bekommt eine ungeahnte Qualität. Langsam komme ich bei mir an. Das ist wirklich fein. Ich bleibe noch relativ lange beim letzten Wasserfall, setze mich auf einen Stein und werde ein bisschen melancholisch. Abgesehen davon, dass mir ein Mensch aktuell besonders fehlt, waren die letzten zwei Jahre eine große Herausforderung für mich, die ich, so finde ich, gut gemeistert habe. Ich fühle mich stark und klar. Mit diesem Gefühl geht es zurück zur Unterkunft.

Nach einem ausgiebigen Frühstück und ein bisschen lesen fahre ich mit dem Rad nach Ossiach. Vorbei am Bleistätter Moor. Zurück geht es wieder über Bodensdorf und einem kurzen Schwumm im See (das Seebad in diesem Ort ist frei zugänglich). Die Erfrischung tut wohl und macht mich angenehm zufrieden. Danach gönne ich mir Pommes und einen Spritzwein im Strandcafé. Ein Klassiker!

Die letzten vier Kilometer nach Sattendorf schwebe ich nahezu am Rad. Mit dem ersten Donnergroll bin ich im Apartment angekommen und somit einem richtig heftigen Regenguss entgangen. Welch Glück! Auch heute koche ich wieder für mich und ich freue mich, dass ich schweigen darf.

Doch habe ich auch einen wichtigen Teil für mich noch nicht erledigt. Ich kam hier her, um ein bisschen über meine Zukunft nachzudenken, ungestört Zeit zum Schreiben zu haben. Hm, das war wohl nichts. Kaum bin ich angekommen, muss ich morgen schon wieder abreisen.

In Kärnten Urlaub zu machen ist ein großes Privileg. So viel unsagbar schöne Natur, die freundlichen Menschen, die immer ein Lachen auf den Lippen haben, dieser Dialekt und überhaupt. Ich freu mich auf nächstes Jahr. Egal ob allein, mit meinen Kindern oder mit meinem Lieblingsmensch.

Kärnten „flashed“!

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